Schaltet endlich Twitter ab! (2) Die Mechanismen

 Jede Sache hat Mechanismen, so auch soziale Medien. Auch wenn sich die sog. "sozialen" Netzwerke so nennen, so sind sie nicht immer so sozial. Da kann es auch ordentlich zur Sache gehen.

Diskussionen sind gut und gewollt, nur leider gibt es im Internet keine kontrollierende Instanz. Ich verweise mal auf meine Einführung in Teil 1, wo ich bemerkte, dass Fluch und Segen in einer Art Waage durchaus funktionieren können. 

Die meisten sozialen Netzwerke sind ja quasi Siedetöpfe von Meinungen, und das führt zu Differenzen. Aus Diskussionen erwachsen ja dann schon rigide Kommunikationsformen. 

1. Strategie - jeden schlecht dastehen lassen

Eine verhältnismäßig einfache Strategie, denn sie besteht nur daraus, die Meinungsgegner*innen gewollt falsch zu verstehen, die Aussagen entweder vollständig oder teilweise herauszukopieren und mit eigenen Kommentaren zu versehen, oder gleich ganze Tweets zu kopieren und erneut zu verbreiten. Für diese Form der Bewertungen ist kein Korrektiv oder Beweis erforderlich. Praktisch, oder?

Oft bewegen wir uns da im Raum der Behauptungen. Und wir bewegen uns in einem Bereich außerhalb der Rechtswissenschaften, und das ist deutlich zu erkennen. Die selbsternannten Kämpfer für das Korrekte kennen gewisse rechtliche Zusammenhänge nicht und neigen zu einer durchgängig moralischen Beurteilung, die sich aber juristisch so gut wie nie zu fassen ist. Nur weil ich etwas moralisch verurteile, ist es noch lange nicht rechtswidrig oder gar gerichtsverwertbar.


2. ad hominem-Kommentare

Erklären muss man den Begriff sicher nicht. Aber wie fair ist es, von jedem immer eine inhaltliche Auseinandersetzung zu verlangen, aber selbst im Ernstfall persönlich zu werden. Auch hier werden immer Behauptungen mit der Person verbunden.


3. Rassismus/ Faschismus/ Antifeminismus

„Meine Waffe ist das Wort“, schonmal gehört? Worte sind stark, Worte können zerstören. Mit vollkommen fehlender Empathie und in der Hoffnung kompletter Folgenlosigkeit wird mit Vorwürfen um sich geworfen und Menschen in unangenehme Situationen gezogen. 

Ein Vorwurf in einem der o.g. Themen, und man kann seine Karriere, sein Ansehen oder seine Reichweite vergessen. Und es ist komplett unabhängig davon ob es stimmt oder nicht. Und darüber hinaus ist es sogar egal ob man gerichtlich dagegen vorgehen würde, denn selbst man erreicht eine Abmahnung/ Gegendarstellung o.ä. , es bleiben immer Vorwürfe hängen. Besonders für Contend-Creator mit nicht gerade riesiger Fanbase kann dass das Aus bedeuten. 

Wenn es belastende Hinweise gibt, dann sollte man jeden "-ismus" im richtigen Verhältnis bekämpfen. Aber Kampf um des Kampfes willen? Das ging schon immer schief.


4. pausenloses Reden/ Posten

Strategie pausenloser Beschuss. Und zwar mit Worten. Bei Tweets der "Letzten Generation" fällt auf, dass nicht nur der Haupt-Tweet existiert, sondern mindestens 5 Antwort-Tweets mit jeweils mind 5 Antworten. Welchen Sinn hat das? Ganz einfach! Wenn jetzt ein negatives Kommentar kommt, ist das in dieser Flut kaum zu finden. Legitim ist es, ohne Frage.

In TV-Talkshows läuft das leicht anders: Kommt ein thematisches Gegenargument, redet der/ die Angegriffene quasi pausenlos, gern mit der Einleitung:" lassen Sie mich bitte diesen Punkt machen...". Erst kommt eine (meist) kurze Antwort, und direkt danach werden die eigenen Ziele nochmal repetiert. Damit füllt man schon einige Minuten und verhindert dadurch einen Diskurs.


5. gelebte Doppelmoral

Wir kennen es. Der Klimakleber, der nach dem Kleben nach Bali fliegt ist ein Einzelfall, Greta Thunbergs Flüge waren ein "nötiger Vorgang" und die Aktivitäten der selbstgerechten Streamer auf Youtube, Twitch und TikTok völlig okay.

Die Streamerin Shurjoka bearbeitet gerne die Themen Transfeindlichkeit, Feminismus, Rassismus usw. Und in ihren Streams hagelt es Vorwürfe an alles und jeden. Keiner tut genug. Und nicht nur das, selbst wenn in Kommentaren sich Menschen melden die z.B. sagen: "ich bin selbst queer/ trans/ o.ä. und finde deinen Standpunkt nicht okay". Die Antworten könnt ihr euch gerne mal bei TikTok/ Twitch ansehen.

Schreibt man in Kommentaren, dass es eine Doppelmoral ist  und bei Twitch/ TikTok zu contenden und gleichzeitig über moralische Vorgänge wie Gesetze gegen Transpersonen in den USA zu reden, wird dieses gerne als Whataboutism kleingemacht. 

Es ist nun mal eine Doppelmoral über die Verfolgung von Queer-, und Transpersonen zu reden, aber gleichzeitig seine gesamte finanzielle Existenz auf die Basis einer chinesischen Staats-App zu stellen. Das ist okay, weil nur wenige Menschen, lustigerweise alles Streamer, befähigt sind richtig und falsch trennen zu können.


6. Totschlagargument und Cancel-Aufruf

Einen Ausweg muss es ja immer geben. Nicht immer ist der gut. Wenn kein Vorwurf mehr greift, dann zählt nur noch ein Totschlagargument, und das heißt "deine Meinung ist menschenfeindlich". Und Menschenfeindlichkeit ist in keinem Fall okay, aber die Auswahl WAS und WER menschenfeindlich ist, die ist wirklich fragwürdig. 

Was noch fragwürdiger ist: die Cancel-Culture. Hat jemand etwas falsch gemacht (aus wessen Sicht auch immer), dann wird die Community aktiviert, und dann wird so lange draufgehauen, bis der Beschuldigte keine digitale Existenz mehr hat. Da entscheiden einige auch mal ganz schnell, der Beschuldigte dürfe nix mehr online verbreiten. Sowas geht in dieser Welt ganz ohne Anhörung, Beweisaufnahme und Urteilsbeschluss. 

06/23 Gru

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