Shitstorm? Candystorm? Meinung 2.0 !

Das Netz ist ein Meinungsträger. Aber wie repräsentativ ist so eine Meinung? Kann man Umfrageergebnisse irgendwie ernsthaft auf irgendwas hochrechnen?

Aber das Netz ist direkt und ungerecht, denn kaum hat man mal etwas lauter ausgeatmet, schon prasselt ein "Shitstorm" auf einen hernieder. Und die Gegenseite ist dann mit Kommentaren nicht zimperlich. In großen Netzwerken wird über einen hergezogen und auch jeder noch so abgegriffene weise Spruch oder Sprichwort muß nun zur Umdichtung herhalten. Und letztendlich hat man immer eine Gegenseite, denn nie teilen 100% die eigene Meinung. Und alle die nicht teilen "shitstormen" nun um die Wette, immer im Blick das ein besonders lustiger Beitrag zum Shitstorm einen zur 15-Minuten-Legende (der durchschnittlichen Haltbarkeit eines Tweets) macht. Schon Andy Warhol sprach davon das jeder Mensch 15 Minuten persönlichen Ruhm erlebt.

Und die Spielwiese Internet gibt einem die theoretische Möglichkeit auf Millionen von Lesern. Geliked, getweeted, retweetet und favorisiert wird das Geschriebene von den Lesern, und jede dieser Reaktionen löst wahre Glücksgefühle im Schreiber aus. Ein Orgasmus der Kreativität, und das Ejakulat ist der Beitrag.

Das Gegenteil vom Shitstorm ist der Candystorm, hier wird gekuschelt, geflauscht, gelobt und am virtuellen Hinterteil geleckt bis das Netzwerk laggt. Manchmal wird auch der eben noch ge-shitstormte mal eben ge-candystormt, quasi als Seelenstreichelei.

Egal von welcher Seite man es betrachtet, diesen Aussagen untersteht keine repräsentative Wirkung. Was sind 1000 Likes wirklich wert? Sind 100.000 Likes oder Retweets wirklich eine Aussage über Qualität? Was bedeuten 100.000 Meinungen in einem 85 Mio Einwohner Staat? Oder in einer 6 Mrd Menschen-Welt? Genaugenommen doch gar nichts. Aber trotz allem wird dem ganzen Thema ein ungeheurer Wert beigemessen. Man erinnere sich nur an die #Aufschrei-Debatte, die Erfinderin dieses hashtags ist mittlerweile Gast in Talkshows.

Vielleicht müssen wir uns daran gewöhnen das unter dem Konterfei von Talkshow-Gästen bald nicht mehr "Experte für..." eingeblendet wird, sondern : "Erfinder des hashtags #xxx" oder "Hat bei Facebook 104.345 Likes bekommen". Wert durch Zustimmung, das ist nicht neu - aber das diese Zustimmung total anonym sein darf, eher fraglich. Ein Klick ist eine einfache Sache, sich in einer Talkshow in ein Publikum zu setzen und gegen die Masse zu klatschen etwas ganz anderes.

Trotz allem, leben Sie ihre Meinung 2.0 voll aus. Schreiben sie , networken sie und candy-, oder shitstormen sie, sofern es Ihnen auch nur einen Funken Freude bereitet. Aber bewerten sie die Anzahl der Likes nicht über.

MG, 03/2013

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